Ganz entspannt die Seele baumeln lassen

Foto: Amara Otte
Frühlingswetter, ein freier Nachmittag, das schreit nach einem entspannten Ausritt. Pony ohne Sattel, Hund ohne Leine, hübsch im Tölt durch den Wald, mal ein kleiner Galopp, der Hund neben oder hinter mir, ab und zu ein Stück voraus, aber immer in meiner Nähe, die Sonne scheint, die Vögel zwitschern, alles ist schön - und alles andere als selbstverständlich.

Wenn wir Menschen meinen, mal eben einfach nur entspannt Bummeln zu wollen, dann verlangen wir dem Hund unheimlich viel ab (und in meinem Fall auch noch dem Pony, aber um die jahrelange Ausbildung eines verlässlichen Geländepferds soll es hier nicht gehen).

Aufmerksamkeit. Impulskontrolle. Das Kennen und Befolgen eines ganzen Regelkatalogs: Bleib auf dem Weg. Geh nicht Stöbern. Lauf nicht zu anderen Hunden hin. Ignoriere Spaziergänger. Schnüffel dich nicht fest. Halte einen kleinen Radius ein. Und das auch noch möglichst selbständig, ohne dauernd erinnert zu werden.

Das ist anstrengend für den Hund. Und die Erwartung, dass solche Erlebnisse selbstverständlich, der Normalfall sind, führt nur zu Frust.
Normal ist, dass der Hund eben doch mal irgendwohin läuft. Eben doch nicht überall ohne Leine unterwegs sein kann. Bellt, sich aufregt. Den Rückruf auch mal nicht wahrnimmt, weil ein Reiz gerade zu groß ist. All die Regeln einer "einfach mal Bummeln"-Runde einzuhalten, ist für den Hund anstrengend und kann regelrecht zu Stress werden - und irgendwann ist es mit Konzentration und Selbstbeherrschung auch mal vorbei.

Ich bin sicher, dass eine entspannte Bummelrunde für den Hund genauso schön sein kann, wie für den Menschen, dass er den Gleichklang, das Gefühl der Gemeinsamkeit genauso geniessen kann - aber erst, wenn er wirklich dazu in der Lage ist. Je nach Situation und Hundetyp kann es ein ganz schön langer Weg dahin sein.
Um wirklich entspannt mit dem Menschen unterwegs zu sein, braucht der Hund ein Gefühl von Sicherheit, eine gute Bindung, Nervenstärke und einen guten Gehorsam. Das ist für mich der eigentlich bedeutende und herausfordernde Teil jeder Hunde (und Pferde-) Ausbildung. Nicht eine Stunde volle Konzentration auf dem Hundeplatz (oder in der Reithalle). Nicht gepaukte Kommandos. Nicht abgespulte Muster.

Mit dieser Erkenntnis geniesse ich gelungene "einfach mal Bummeln"- Runden als das, was sie eigentlich sind, kleine Sternstunden unserer Beziehung. Ein Geschenk,  das Ergebnis jahrelanger Erziehungsarbeit - und keine Selbstverständlichkeit.

1 Kommentar:

  1. Super - man könnte es auch zusammenfassen als 'erst die Arbeit, dann das Vergnügen'. Für alle Beteiligten ...

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