Der Reitbegleithund

Gestern habe ich einen wunderschönen, entspannten Ausritt durch Wald und Obstbaumwiesen, mit Pause zum Kirschenklauen ;-) zum Anlass genommen, für mich Bilanz in Sachen Reitbegleithunde-Ausbildung zu ziehen - und ich muss sagen: Ich bin sehr zufrieden!
Allgemein heisst es ja immer, der Hund soll zuerst fertig ausgebildet sein, bevor man ihn mit ans Pferd nimmt. Das habe ich anders gehandhabt, bei mir lief das parallel.


Meine Ausbildungsnotizen sind ganz schön lang geworden, wens interessiert: Bitte auf "Weiterlesen" unten klicken. Und über Kommentare freue ich mich bei diesem Thema besonders! Was macht ihr anders? 

Blacky war schon am ersten Tag mit mir im Stall und ist ein Stückchen mit spazierengegangen. Da hat natürlich jemand anders das Pony geführt und der Welpe war ziemlich oft auf dem Arm. Das frühe Kennenlernen hat den Vorteil, dass ein Welpe sich ja eher nicht traut, ein Pferd zu verbellen oder vertreiben zu wollen - und bevor die selbstbewusstere, freche Phase kommt, ist er an die Pferde schon gewöhnt und findet sie nicht mehr aufregend.
Schon gleich zu Anfang zeichnete sich ab, was Blacky zu einem guten Begleiter macht:

- Er ist generell vorsichtig und hat von Anfang an Abstand zu den Pferden gehalten. Das ist sehr viel einfacher, als ein Hund, der dazu tendiert, nah ran zu gehen. Am schwierigsten finde ich Hütehunde mit ihrer Neigung, in die Füsse zu beissen - das ist wirklich gefährlich. Das ist auch gleichtzeitig ein wichtiger Punkt für die Ausbildung: Damit der Hund nicht in Gefahr gerät, muss er unbedingt lernen, dass ER ausweichen muss. Bei uns gab es also von Anfang an kein vorsichtiges Ausweichen, kein Herumschleichen um den Hund - wer vor die Füsse kommt, hat Pech gehabt! Dazu muss man den Hund natürlich nicht treten - aber es muss klar sein, dass er aufmerksam sein muss.  Meine körperlichen Grenzen sind zu achten - ebenso wie der Raum, den das Pferd einnimmt.
Wenn ich mal mehr Unterordnung machen möchte und ein klassisches "Fuß" am Bein erarbeiten muss, wird das natürlich ein gewisser Interessenskonflikt - aber da geht mir Sicherheit weit vor gute Noten in irgendeiner Prüfung.
Eine laute und schroffe Ermahnung gibt es, wenn er zu dicht vor dem Pferd laufen will: "Blacky, weg da!!" oder "Achtung!" und in der allergrößten Not habe ich auch schon mal vor dem Pferd mit der Gerte rumgewedelt, um ihm klarzumachen, dass man Abstand halten muss. Hier geht mir Sicherheit vor Nettigkeit.

- Von klein an war Blacky ein "Mitläufer". Er ist am zufriedensten, wenn er einfach in einer Gruppe herumstromern darf. Das macht ihn vermutlich nicht zum erfogversprechenden Sporthund - dafür fehlt ihm einfach der Ehrgeiz. Wo andere gelangweilt sind und den nächsten Ball geworfen, das nächste Leckerlie versteckt bekommen wollen, ist Blacky gerade happy. Seine allgemeine Verträglichkeit und Bereitschaft, jeden - ob Mensch, Pferd oder Hund - als Gruppenmitglied zu akzeptieren und sich anzupassen macht ihn für mich zum idealen Begleiter. Wenns Ansprache gibt - prima. Wenn nicht - auch. Einfach ein stressfreier kleiner "Langweiler" - wunderbar. 

- Blacky hatte als Welpe einen sehr starken Folgetrieb, den ich ganz bewusst verstärkt und erhalten habe. Einerseits durch extrem häufiges Heranrufen und Belohnen, jetzt auch noch durch den "Superrückruf", die Pfeife, erweitert. Ein guter Rückruf ist sowieso das Wichtigste! Andererseits durch die Devise: Wer nicht schaut, verliert den Anschluss - gnadenlos. Beim Welpen ist das natürlich erst mal nur ein Weglaufen, laut rufend und gut sichtbar. Später kann man sich auch mal verstecken. Sehr früh habe ich - gemein gemein - dem kleinen Hund auch gezeigt, wie schnell so ein Pferd ist. Ein kurzer Galopp und die Sache war klar. Inzwischen bietet Bonni schon von sich aus einen Sprint an, sollte der Hund mal irgendwie ausser Sicht verschwinden, und das Geräusch galoppierender Hufe zieht Blacky schneller heran als jedes Rufen. Er will keinesfalls den Anschluss verlieren.
Wenn man bewusst einen Reitbegleithund sucht, ist es also meiner Meinung nach sehr sinnvoll, eine Rasse mit viel "Will to Please" und wenig Eigenständigkeit zu wählen. Das macht das Leben leichter.
Natürlich ist Freilauf trotzdem nicht ohne Risiko, und daher muss der Hund z.B. in der Nähe von Strassen an der Leine laufen können.

- Leinenführigkeit hatte und hat für mich eine ganz hohe Priorität. Ziehen an der Leine ist natürlich auf dem Pferd extrem unangenehm, denn es bringt den Reiter aus der Balance. Beim Reiten ist es außerdem sehr wichtig, dass der Hund nicht kreuzt und so unter die Hufe geraten kann. Vorbeidrängeln war daher von Anfang genauso tabu wie Ziehen. Ebenso bleibe ich bewusst nicht stehen, wenn der Hund stehen bleibt. Denn auch ein leichter Hund wie Blacky kann den Reiter aus dem Sattel ziehen, wenn er plötzlich stehen bleibt. Natürlich merkt man, wenn der Hund gerade das dringende Bedürfnis hat, Stehenzubleiben, und dann lasse ich ihn auch mal Schnüffeln oder Pinkeln. Aber ICH halte an und gebe die Erlaubnis.
Gleichzeitig ist es aber extrem wichtig, dass der Hund die Leine positiv verknüpft und gerne entspannt an der Leine geht. Einen gestresster Hund neben dem Pferd herzuschleifen, geht gar nicht. Er muss ja voll ansprechbar sein, wenn wir zum Beispiel eine Strasse kreuzen, ruhig bleiben, wenn wir an Leuten vorbeireiten wollen und auf seinen Weg und den des Pferdes achten. Das sind hohe Anforderungen und unter Stress kann der Hund das nicht leisten.
Ich habe mich beim Leinentraining also um kurze, für den Hund positive Sequenzen bemüht. Als Welpe war er immer nur minutenweise an der Leine, am Pferd haben wir erst vor kurzem damit angefangen, und auch erst dann nur wenige Minuten. Es gibt viel Lob und Leckerlie und häufigen, freundlichen Blickkontakt. Auch das Anleinen wird häufig belohnt - denn beim Reiten brauche ich einen Hund, der sich auf Kommando an meinem Bein hochstellt und ruhig steht, bis ich die Leine angehängt habe. Daher gilt auch am Boden: Wenn ich anleinen möchte, gehe ich nie zum Hund, sondern lasse ihn zu mir kommen und sich so "einparken", dass ich die Leine bequem drankriege. Diese Übung beherrscht Blacky sehr gut - da hat eher das Pony noch mal Nachhilfe in Sachen Still Stehen gebraucht...

- Super wichtig - das Thema Jagen. Auch hier sehe ich bei Blacky keinen starken Trieb, aber durchaus vorhanden.  Daher ist die Leinenführigkeit sehr wichtig, denn wenn er vor lauter Gerüchen zu aufgeregt wird und mir nicht mehr ansprechbar erscheint, bekommt er eine Pause an der Leine. Ansonsten natürlich Rückruf wieder und wieder, die Pfeife und ständige Aufmerksamkeit von mir, um jedes Vorstehen sofort zu erkennen und zu bestärken.

- Auf dem Weg bleiben. Sowieso sinnvoll - und das war wirklich langwierig. Inzwischen klappts recht gut, nach 100 000 mal rausrufen und Leckerlie auf den Weg schmeissen.

- Und das Einzige, was mir wirklich Kopfzerbrechen bereitet hat: Bellen, wenn's flotter wird. Das schwierige beim Thema Bellen ist, dass man nicht wirklich das Bellen abstellen kann, man kann nur die Ursache abstellen. Denn Bellen hat der Hund nur teilweise unter Kontrolle, es ist, wie einem Menschen zu verbieten, rot zu werden oder zu weinen.
Ein reines Aufforderungsbellen abstellen ist einfach. Mit Blackys Reitbegleithunde-Kollegin Flöckchen haben wir das schnell geschafft. Flöckchen ist dem Aussehen nach ein Windhund-Mix. Sie ist grlücklich, wenn sie rennt. Gleichzeitig mag sie sich aber nicht von der Gruppe entfernen. Also sollen alle rennen. Flöckchen hat also immer "Schneller! Schneller!" gebellt. Als ich sie kennen lernte, war sie schon an dem Punkt angekommen, die Pferde bei jeder Bewegung anzubellen. Die Therapie erforderte lediglich Geduld. Bei jedem Bellen war, egal aus welcher Gangart, sofortiges Stoppen angesagt. Super Übung für die Pferde. Und dann hiess es Stehen. Während der kleine Hund immer frustrierter und lauter gebellt hat, wofür sie aber überhaupt keine Beachtung, nicht mal einen Blick geerntet hat. Sobald sie aufhörte und wegschaute, ging es weiter, nur damit es gleich wieder von vorne losging. Statt Ausreiten war also überwiegend Rumstehen angesagt... aber, obwohl Flöckchens Frauchen es nicht glauben wollte, der Fall war nach einigen wenigen Ausritten erledigt. Flöckchen hat seit Monaten nicht mehr gebellt.
Bei Blacky, der kein Galopphund, sondern ein Trabhund ist, hatte das Bellen andere Ursachen. Vor allem Aufregung, teils auch "Hey! Mach langsamer!". Stehenbleiben half gar nichts, denn das kam ihm ja gerade recht. Ich habe versucht, ihn hinten zu halten - das hat ihn noch mehr aufgeregt, er kann im Schritt oder Trab oder Tölt hinter und neben dem Pferd laufen - im Galopp schoss er vorbei. Bellend. Und kam dabei auch noch dicht vors Pony. Gott sei Dank passt Bonni so gut auf ihn auf. Aus! oder Schimpfen machte es noch schlimmer. Ich muss sagen, ich komme mir blöd vor, dass ich solange gebraucht habe, um das Problem zu verstehen... Irgendwann habe ich mir selber dabei zugehört, wie ich jemandem erkläre, dass man immer das erwünschte Verhalten loben muss, als es endlich klick machte. Beim nächsten Ausritt: Sanft angaloppiert und sofort den Hund gelobt, bevor der überhaupt Bellen konnte, und durchpariert. Und wieder, und wieder. Inzwischen läuft der Hund im Galopp meistens entspannt schräg vor uns und bellt nur noch selten.

- Nicht zu anderen Hunden oder Menschen hinlaufen: Da haben wir uns nicht immer mit Ruhm bekleckert. Gott sei Dank gab es nie Probleme. Es wird natürlich immer und überall geübt, wird immer besser, ist aber natürlich noch nicht gut genug (ist es das jemals?). Das inzwischen nachlassende Interesse an anderen Hunden ist eine große Erleichterung. Zum Glück kommt Blacky immer hinterher, so dass ich oft einfach in die Gegenrichtung Gas gegeben und "Weiter!" gebrüllt habe - inzwischen ist das "Weiter" einigermassen drin. Das Bei Fuss gehen oder Ablegen bei Ablenkung wird noch geübt...geübt...geübt...

Das alles hat sich mit der Zeit entwickelt, ist natürlich noch nicht perfekt und "kostet" ständige Aufmerksamkeit und etliche Leckerlie. Aber es macht viel Spaß und klappt besser, als ich mir zu Träumen gewagt hatte. Vor allem aber, weil ich das weltbeste Pony habe! Ohne ein Pferd, das immer cool bleibt, das von sich aus auf den Hund aufpasst und das man ohne Probleme einhändig reiten kann, stelle ich mir die Hundeausbildung ziemlich anstrengend vor.

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